Von früh morgens bis spät abends…

Der krasse Tagesplan von Calvin Böckmann

Für viele gilt Profisportler ganz generell als Traumberuf. Doch die weit verbreitete Vorstellung eines Lebens voller Freizeit, unterbrochen von einer kurzen Trainingseinheit pro Tag, ist schlicht falsch. Besonders deutlich wird das bei Calvin Böckmann. Der Düsseldorfer Vielseitigkeitsreiter ist von früh morgens bis spät abends im Einsatz. 

Sein Leben empfindet er überhaupt nicht als Stress. Calvin Böckmann hat unglaublichen Spaß, sich täglich mit seinen Pferden zu beschäftigen, im Sport als Vielseitigkeitsreiter sehr erfolgreich zu sein und ein komplettes Betriebswirtschafts-Studium zu absolvieren – das alles auch noch gleichzeitig. Der 22-Jährige ist zudem in zwei Perspektivgruppen – seit 2020 ist er sowohl in der Vielseitigkeit als auch in der vom Springen der Deutschen Reiterlichen Vereinigung.

Der Vielseitigkeitsreiter ist ebenfalls Mitglied des Perspektivteams von D.SPORTS und gerne berichtet Calvin Böckmann uns, wie er seine Tage mit Pferdepflege, Sport, Ausbildung und seiner Freundin Helena Schmitz-Morkramer, die dreifache Junioren-Europameisterin in der Dressur ist, erlebt. Schließlich trainiert und lebt er in Warendorf, muss aber zum Studium nach Münster und mindestens einmal die Woche zum Galopptraining nach Georgsmarienhütte, weil es da einen Berg gibt, bei dem die Pferde mächtig ins Schwitzen kommen, um die Ausdauer zu stärken, was auf der Ebene viel länger dauern würde. „Man versucht, die Pferde schonend zu trainieren, so dass man sie nicht so lange, aber intensiv laufen lässt“, erklärt der 22-Jährige fast schon nebenbei.

Grafik: Holger Haas

Sein Tagesablauf: Aufstehen um 5.30 Uhr, 6 Uhr Planerstellung für das Studium, 6.30 sitzt Calvin auf dem ersten Pferd. Er ist dann im Stall und reitet bis 13 Uhr mit verschiedenen Trainingsinhalten. Alle fünf Tage geht es zum einstündigen Galopptraining mit 45 Minuten Hin- und 45 Minuten Rückfahrt. In Georgsmarienhütte geht es den Berg hinauf, der der Familie Kasselmann gehört. Das wird zeitlich rigoros durchgezogen, also fährt er auch von Turnieren zwischendurch zurück, um das Galopptraining nicht ausfallen zu lassen. Dann geht es in die Uni nach Münster (45 Minuten Fahrzeit) für fünf bis sechs Stunden, um an Seminaren oder Tutorien teilzunehmen oder in der Bibliothek zu arbeiten. Am Abend geht es noch mal in den Stall, um zu schauen, ob es allen Pferden gut geht und alles nach Plan verlaufen ist. Nach dem Essen geht es dann von 20 bis 22 Uhr noch einmal darum, für die Uni in die Bücher zu schauen.

Keine Angst vor hohen Hürden haben Calvin Böckmann und seine Pferde. Foto: Pompo Mompo Horse Photography

Normal sei das nicht, was Calvin da so mit seinen Tagen macht. Aber er hat, wie oben beschrieben, auch eine Freundin. „Die hat Verständnis für dieses Leben“, sagt Böckmann über die junge Damen, die in London studiert, selbst reitet und ebenfalls sehr erfolgreich auf dem Pferderücken ist. „Ein normales Mädchen würde sich an den Kopf packen und sagen, spinnst du eigentlich, was machst du da?“, sagt der 22-Jahre alte BWLer und Pferdenarr. „Irgendwann lässt natürlich auch mal die Konzentration nach, und ich bin jetzt auch kein Student, der zur Elite in diesem Fach zählt“, sagt er. „Ich sehe meine Freundin alle zwei Wochen, ein wenig Privatleben ist dann doch noch möglich.“

Ohne familiäre Unterstützung wären die Erfolge nicht machbar

Seine Erfolge in der jüngeren Vergangenheit können sich absolut sehen lassen. Beim sehr gut besetzten Internationalen Pfingstturnier in Wiesbaden sicherte sich der Vielseitigkeitsreiter aus dem Perspektivteam von D.SPORTS mit Rang drei sogar eine viel beachtete Medaille. Nur Deutschlands besten Vielseitigkeitsreitern Michael Jung und Julia Krajewski – beide in der Vergangenheit schon Olympiasieger – hatte Calvin Beckmann mit seinem Pferd Altair de la Cense beim Turnier den Vortritt gelassen, nachdem er bei der nicht ganz fehlerfreien Dressur trotzdem mit der Punktewertung gehadert hatte. Als nur einer von fünf Reitern beendete Böckmann dann aber das Springen fehlerlos und verbesserte sich auf den siebten Platz. Im Gelände zeigten Pferd und Reiter dann ihre ganze Klasse, ritten sogar schneller als Sieger Michael Jung und rückten noch mit der zweitbesten Zeit der Konkurrenz auf Rang drei vor.

Jetzt steht Böckmann quasi in den Startlöchern zu seiner ersten Senioren-Meisterschaft in Luhmühlen, die von diesem Donnertag an dort traditionsgemäß stattfinden wird. Dort wird er mit seinem Pferd Phantom of the Opera in den Wettbewerb gehen. „Ich bin zum ersten Mal dabei, weil ich im vergangenen Jahren noch in den Jugend-Konkurrenzen U18 und U21 gestartet war“, erklärt der Reiter, der sogar von einer Teilnahme beim CHIO in diesem Jahr in Aachen träumt. „Jeder Reiter möchte mal dort starten.“ Im zweitbesten deutschen Kader, der „Erweiterte Weltspitze“ genannt wird, ist er bereits vertreten – nach seinen großartigen Leistungen bisher. Darüber kommt nur noch der Olympiakader. Aber dahin ist es noch ein Schritt…

Ohne seine Brüder und seine Eltern wäre dieser ganze Aufwand nicht möglich, und deshalb möchte Calvin seine Dankbarkeit in dieser Hinsicht auch zum Ausdruck bringen, weil er sich so gut unterstützt fühlt. Das gilt natürlich auch für die Trainer und alle, die seine Erfolge überhaupt möglich machen. Seine Mutter etwa kümmert sich um die gesamte Planung, und macht im Hintergrund die Arbeit in der Vorbereitung von Turnieren, die für Calvin selbst zeitlich den Rahmen völlig sprengen würden. „Mein Studium könnte ich sonst nicht so absolvieren, und auch im Stall springen die Brüder ein, wenn irgendwo Not am Mann ist. Meine Mutter hält das Ganze in beiden Händen“, sagt der 22-Jährige.

Solche Hindernisse scheinen kein Problem für Calvin Beckmann und seine Pferde zu sein. Foto: Pompo Mompo Horse Photography

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